23. November 2024
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Aus der Schatzkammer der Caesaren

Gemmen-Nachschnitt von Gerhard Schmidt

Von Samstag (27.3.) bis zum 31. Oktober 2021 öffnet – zunächst nur digital – im Römermuseum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) die Schatzkammer der Caesaren in Haltern am See. Die neue Sonderausstellung zeigt Gemmen-Nachschnitte von Gerhard Schmidt. Aus seltenen Materialien und mit originalgetreuer Technik geht der Künstler den Geheimnissen römischer Handwerkskunst auf den Grund.

LWL- Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger

LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger: „Nicht erst seit Corona setzen die LWL-Museen auf einen starken digitalen Auftritt. Der reale Besuch der LWL-Kultureinrichtungen ist sicherlich ein unersetzliches Erlebnis. Dennoch machen die Kollegys im LWL-Römermuseum die Schatzkammer der Caesaren auch auf ihrer neuen barrierefreien Website zugänglich – und natürlich durch zahlreiche digitale Führungen.“

Gemmenschneider und Edelsteingraveur Gerhard Schmidt

Die Materialität und Handwerkskunst von Gerhard Schmidt ist aber vor allem im LWL-Römermuseum selbst zu erfahren. Schmidt, ein Edelsteingraveur aus Idar-Oberstein, hat die Prachtstücke römischer Hofkunst, die in den bedeutendsten Museen Europas verwahrt werden, erforscht und detailgetreu nachgearbeitet. Seit 2004 schuf er nahezu alle römischen Prunk-Kameen (Schmuckstein-Reliefs) aus dem gleichen, schwer zu beschaffenden Rohmaterial neu. 20 seiner Werke sind ab sofort in der Sonderausstellung „Aus der Schatzkammer der Caesaren“ zu sehen.

„Grand Camée de France“, Nachschnitt von Gerhard Schmidt

Schmidt: „Die antiken Werkzeuge sind nicht genau bekannt, aber das Prinzip ist gleich. Nur verwenden wir heute einen Elektromotor für die Gravur.“ Neben der römischen führt er in seiner Arbeit die jahrhundertealte Tradition der Idar-Obersteiner Steinschneidekunst fort und genießt dank zahlreicher Ausstellungen und Veröffentlichungen weltweit einen internationalen Ruf. Schmidt: „Um aus einem Rohstein ein Kunstwerk zu machen, braucht man vor allem Inspiration, Fantasie und Geduld.“

„Gemma Claudia“, Nachschnitt von Gerhard Schmidt

Geduld hat Schmidt. Über mehrere Monate hinweg nimmt ihn die Arbeit an einer so einzigartigen Kamee wie der „Gemma Augustea“ in Anspruch. Bevor es überhaupt losgehen kann, stellt die Beschaffung des richtigen Materials eine Herausforderung dar. „Jeder Stein ist anders. Man kann eine Gemme nicht einfach wie ein Gemälde kopieren. Einen ähnlichen Stein zu finden, ist fast unmöglich. Wir recherchieren weltweit und werden zum Glück meist fündig“, so Schmidt.

Gemmen-Nachschnitt von Gerhard Schmidt

Schmidt trennt aus dem Rohstein, einem 20 bis 30 Kilogramm schweren Lagen-Achat, zunächst die verwertbare Schicht heraus. Diese macht meist weniger als 5 Prozent des Gesamtgewichts aus. Daraufhin schleift er die ausgewählte Platte in Form, poliert sie und versieht sie mit einer Vorzeichnung. Nun beginnt die eigentliche Gravur mit einem rotierenden Gravierrädchen. „Das eiserne Gravierrädchen allein ist nicht in der Lage, den Stein auch nur anzukratzen“, erklärt Schmidt. „Erst wenn der Graveur kostbares Diamantpulver aufbringt, wird es scharf und trägt Material vom Stein ab.“

Dr. Josef Mühlenbrock, Leiter des LWL-Römermuseums

Dr. Josef Mühlenbrock, Leiter des LWL-Römermuseums erklärt: „Eine Bilderwelt, die Schmidts Prunkgemmen zeigen, brachten römische Legionäre mit nach Germanien, als sie vor 2.000 Jahren versuchten, das Gebiet rechts des Rheins zu erobern.“ Viele ihrer Fingerringe, die LWL-Archäologys in Haltern und anderen Römerlagern ausgegraben haben, schmückten geschnittene Edelsteine. Mühlenbrock: „Wir stellen diese westfälischen Originale erstmals den Nachschnitten der römischen Prunkgemmen gegenüber.“


Hintergrund
„Gemma Augustea“, „Grand Camée de France“ und „Tazza Farnese“, so heißen einige der bedeutendsten Edelsteine der Antike. Sie schmückten die Schatzkammern der Caesaren und sind nicht nur wegen der Seltenheit des Materials, sondern vor allem wegen der in sie eingeschnittenen Bilder berühmt. Unter Kaiser Augustus und seinen Nachfolgern stand die Kunst des Gemmenschneidens in höchster Blüte.

Gemmen-Nachschnitt von Gerhard Schmidt

Aus Achat mit verschiedenfarbigen Schichten schnitten die römischen Edelsteingraveure Reliefdarstellungen von Mitgliedern des Kaiserhauses und mythologischen Figuren. Politische Propaganda in kostbarster Form. Mühlenbrock: „Bis heute haben diese Prunkgemmen nicht alle ihre Geheimnisse preisgegeben.“ Woher bekamen Steinschneider die Rohmaterialien? Mit welcher Technik haben sie diese filigranen Kunstwerke geschaffen? Und warum wurden einige Darstellungen nachträglich verändert? All dies erfahren Besuchys noch bis zum 31. Oktober 2021 in der Sonderausstellung „Aus der Schatzkammer der Caesaren“.



Museumspädagogisches Begleitprogramm
Für Erwachsene, Jugendliche und Kinder bietet das LWL-Römermuseum im Rahmen der Sonderausstellung „Aus der Schatzkammer der Caesaren“ ein umfangreiches digitales Vermittlungsprogramm an. Die interaktiven Führungen können bequem von zu Hause aus stattfinden über das Handy, das Tablet oder den PC. Während der gesamten Tour stehen die Teilnehmys mit den Museumspädagogys im Austausch.

Vorab erhalten die Teilnehmys Material per E-Mail. Anstelle von Edelsteinen werden ihnen edle Materialien zugesandt. Buchungen sind ab sofort möglich per E-Mail an: besucherservice-roemermuseum@lwl.org oder telefonisch unter: 02364 9376-0.


Führung „Glanz und Gloria“ für Erwachsene und Jugendliche
Mit viel Prunk und Protz verkündet die kaiserliche Familie ihren absoluten Herrschaftsanspruch über das Römische Reich. Farbenprächtige Edelsteine erzählen in der „Schatzkammer der Caesaren“ fesselnde Geschichten über Mythen und Macht. Noch heute inszenieren sich Adelsfamilien mit einer vergleichbaren Medienwirksamkeit.
Alter: Für Erwachsene und Jugendliche ab 16 Jahre
Dauer: ca. 1 Stunde
Teilnehmerzahl: max. 15
Kosten: für Gruppen 50 € (Familien 30 €)


Führung „Die fabelhafte Welt der Römer“ für Familien und Kinder
In der Schatzkammer der Caesaren wimmelt es auf prächtigen Edelsteinen von fantastischen Tierwesen und bedeutenden Kaisern. Die Teilnehmys begeben sich auf eine spannende Spurensuche durch die prunkvolle Welt der Römer. Den digitalen Teilnehmys wird vorab per E-Mail Material zugeschickt: Von Zuhause erleben sie die Farbenpracht der antiken Schmucksteine.
Alter: 6 bis 10 Jahre
Dauer: ca. 1 Stunde
Teilnehmerzahl: max. 15
Kosten: für Gruppen 50 € (Familien 30 €)


Führung „Jäger des gestohlenen Römerschatzes“ für Familien und Kinder
Was für eine spannende Geschichte: Erst auf abenteuerliche Weise geraubt, dann auf Umwegen wieder aufgetaucht. Aber welches Pech: Der Prunkstein der Schatzkammer ist zerbrochen und muss wieder zusammengesetzt werden. Auf der Suche nach der Lösung werden die Teilehmys selbst zu Edelsteinexpertys. Den digitalen Teilnehmys wird vorab per E-Mail Material zugeschickt: Sie erleben von Zuhause, wie ein antiker Schmuckstein seine Form annimmt.
Alter: 10 bis 12 Jahre
Dauer: ca. 1 Stunde
Teilnehmerzahl: max. 15
Kosten: pro Gruppe 50 € (Familien 30 €)


Führung „Edel.Stein.Reich“ für Erwachsene und Jugendliche
Es funkelt, blitzt und blinkt in der geheimnisvollen „Schatzkammer der Caesaren“. Die prachtvollen Edelsteine verkünden den Herrschaftsanspruch der kaiserlichen Familie. Wie würde sich heute ein römischer Herrscher in Szene setzen? Die Teilnehmys tauchen ein in die Welt der Reichen und Mächtigen.
Alter:13 bis 15 Jahre
Dauer: vor Ort 1,5 Stunden; digital ca. 1 Stunde
Teilnehmerzahl: max. 15
Kosten: für Gruppen 50 € (Familien 30 €)


Katalog zur Sonderausstellung
„Politik in Edelstein – Das Geheimnis römischer Prunkgemmen. Gemmennachschnitte von Gerhard Schmidt“
168 Seiten, 178 Abbildungen
Preis: 29,90
Im Museumsshop zum Sonderpreis von 19,90 Euro erhältlich.

Weitere Informationen gibt es unter: http://www.lwl-roemermuseum-haltern.de.
Fotos: Andreas Krüskemper

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