Der Wald kommt ins Museum
Der Wald ist Lebensraum, Arbeitsplatz und Zufluchtsort. Ab Freitag (25.6.) können Besuchys des LWL-Museum für Naturkunde in Münster einen Wald-Spaziergang durch die neue Sonderausstellung „Alleskönner Wald“ unternehmen. Auf 560 Quadratmetern Ausstellungsfläche taucht das Publikum in eine Welt der Wälder mit über 400 Exponaten ein, begegnet seltenen und bekannten Waldbewohnern und erhält Antworten auf Fragen rund um die „grüne Lunge“.
Vor einigen Tausend Jahren war Deutschland überwiegend bewaldet. Die Menschen haben jedoch bereits in der Jungsteinzeit angefangen, die Wälder zu roden und Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Derzeit steht Wald noch auf zirka 30 Prozent der Fläche Deutschlands mit geschätzt neun Milliarden Bäumen. Den größten Anteil daran haben heute Fichten-Monokulturen. Das Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) will in seiner Ausstellung das Thema Wald den Museumsgästen zum Sehen, Riechen, Hören, Anfassen und Fühlen näherbringen.
„Wir alle verbinden etwas mit dem Begriff Wald, wenn auch Unterschiedliches. Deswegen war es uns wichtig, dass die Ausstellung Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche gleichermaßen anspricht“, erklärte LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger am Dienstag (22.6.) in Münster. „Neben originalen Exponaten bietet die Sonderausstellung daher kindgerechte Mitmachstationen. Aber auch Erwachsene sollen durch eher weniger bekanntes Wald-Wissen ins Staunen und zum Nachdenken kommen“, so die Dezernentin weiter. Auch der Außenbereich des Museums sei Teil der Ausstellung. Hier könnten junge und junggebliebene Museumsbesuchys verschiedene Klanginstallationen ausprobieren.
„Dem Facettenreichtum des Waldes geht die Schau mit vier Themenbereichen auf den Grund“, erläuterte Museumsdirektor Dr. Jan Ole Kriegs. Kleine und große Geheimnisse würden mit „Der Wald voller Bäume“, „Lebensraum und Lebensgrundlage“, „Waldbau und Holznutzung“ sowie „Wald und Mensch“ gelüftet. „Wir beantworten ganz unterschiedliche Fragen: Was ist der Unterschied zwischen Wald und Forst? Wie sehen andere Wälder dieser Erde aus? Warum wachsen Bäume nicht in den Himmel und was hat der Mann im Mond mit dem Wald zu tun“, führte Kriegs aus.
Kuratorin Lisa Klepfer und Ausstellungsmacherin Nadine Howe haben gemeinsam die verschiedenen Medienstationen, Erlebnisräume, Tast- und Mitmach-Stationen für „Alleskönner Wald“ entwickelt. Howe erklärte, was es mit der begehbaren Bodenkammer in der Ausstellung und der riesigen Wandmalerei auf sich hat: „Interessierte können in der Kammer tief in den Waldboden eintauchen und diesen unbekannten Lebensraum entdecken.“ Durch die künstlerische Gestaltung treffen die Besuchys, scheinbar um ein Vielfaches geschrumpft, in diesem Raum die heimlichen Helden des Bodens wie Springschwänze, Raubmilben, Bärtierchen und Co. „Unsere Museumsmalerin Beatrix Clement erweckt mit ihren Gemälden den Waldboden zum Leben und macht es möglich, ihn aus einer ganz neuen Perspektive zu betrachten“, erläuterte die Kuratorin. Vollständig wird die Reise in den Waldboden innerhalb der Kammer durch ein Zusammenspiel von künstlerischer Ausstellungsgestaltung, geologischer Präparation, Modellen und Technik.
Gleich zwei große Wald-Inszenierungen begrüßen den Museumsgast zu Ausstellungsbeginn. Für die Inszenierung des sogenannten „Baumartenwaldes“ wurden in den vergangenen Monaten zwölf verschiedene Baumstämme aus der Region Münsterland im Museum aufgestellt. „Unsere Gäste sollen das Gefühl haben, durch einen Wald zu spazieren und dürfen dies auch tun“, beschrieb Klepfer die Idee. Hierfür verläuft ein Holzpfad an den Bäumen vorbei und über den aufgeschütteten Boden. Gegenüber befindet sich ein Eichen-Hainbuchen-Wald. Darin verstecken sich für die Besuchys die typischen wie seltenen Bewohner des Waldes. Tierfreundys können hier zwischen den Blättern und Bäumen verschiedene Tiere wie zum Beispiel das europäische Eichhörnchen, einen Dachs, verschiedene Singvögel oder auch den seltenen Mittelspecht entdecken. „So wird der Gang ins Museum zu einem echten Waldspaziergang“, berichtete Klepfer über ihre Lieblingsinszenierungen.
Seit der Entstehung der ersten Steinkohlewälder haben sich Bäume, Pflanzen und tierische Bewohner enorm verändert. Vor 10.000 Jahren kommt der Einfluss des Menschen hinzu. Aus Natur- wird eine Kulturlandschaft, die stetig an die menschlichen Bedürfnisse angepasst wird, bis hin zur heutigen Intensivwirtschaft.
Aber auch Spuren vergangener Nutzformen sind noch heute in der Landschaft sichtbar. Museumsbesuchys können in der Ausstellung ein Rückepferd bei der Arbeit bewundern. Es ist ein Höhepunkt der Ausstellung. Die Dermoplastik der Stute, mit ihren 1,60 Meter Stockmaß und einem ursprünglichen Gewicht von rund 600 Kilogramm, soll die historische Waldnutzung mit Rückepferden veranschaulichen. Rückepferde ziehen gefällte und entastete Baumstämme durch die Wälder. Zusammen mit einem Reifen eines Harvesters, einer speziellen Holzerntemaschine, sollen so die Unterschiede zwischen moderner und historischer Forstwirtschaft deutlich werden.
Bereits seit 2003 präsentieren Design-Studentys der Fachhochschule Münster in den Sonderausstellungen des LWL-Museums ihre interaktiven Stationen, grafischen Arbeiten, Rauminstallationen und andere Studienprojekte. Unter Anleitung von Prof. Cordula Hesselbarth haben Studentys neun Arbeiten für die Sonderausstellung konzipiert. Neben einem Phänologischen Kalender sind die Rohholzproduktion oder die Kohlenstoffdi-oxidbindung Themen der Arbeiten.
Die stellvertretende Vorsitzende der LWL-Landschaftsversammlung, Gertrud Welper, wird die Ausstellung am Donnerstag eröffnen.
Quelle: LWL
Fotos: Andreas Krüskemper